Die Geschichte des Schirms

Die Entstehung des Schirms läßt sich zurückverfolgen bis ins Jahr 300 v.Chr. In Deutschland entwickelte sich das Schirmmacherhandwerk erst um 1800. Es ging aus Drechslerwerkstätten hervor, da die Schirmgestelle jener Zeit meist aus Holz oder Fischbein hergestellt wurden. Der Handwerksmeister arbeitete in kleinen Betrieben mit wenigen Gesellen und Lehrlingen.

Das Schirmhandwerk etablierte sich als Gewerbe mit der 1810 in Preußen und dann in anderen deutschen Ländern eingeführten Gewerbefreiheit. Der Schirmhandwerker nannte sich damals wegen der französischen Abstammung des Gewerbes „Parapluis– oder Parasol-Macher“. Das Gestellemachen war Aufgabe der Meister und Gesellen, das Nähen und Überziehen war Aufgabe von Frauen. Damals wie heute ist der Schirm ein Produkt, das aus den vielfältigsten Materialien hergestellt wird. Baumwolle, Seide und Leinen sind die Schirmstoffe des 19. Jahrhunderts, die Materialien für die Gestelle sind Holz, Fischbein und auch schon Metall. Die Griffe wurden aus Horn, Elfenbein, verschiedenen Edelhölzer oder sogar Silber gefertigt.
Jedoch beeinflußte die französische Tradition des Luxusschirms als modischer Sonnenschirm die erste deutsche Schirmfabrik in Berlin („Rousset“). Fabrik bedeutete im damaligen Sinne eigentlich „Manufaktur“. Echtes Fabriksystem herrschte in der Zulieferindustrie, nämlich bei der Herstellung von Stoffen, in den Spitzenklöppereien, den Blechereien, Färbereien, Webereien, Nähereien.
1829 werden in Solingen die ersten deutschen Firmen der Schirmfurniturenindustrie gegründet. Der Stahl– und Eisenindustrie war es gelungen, den größten Teil des Schirmgestells aus Metall zu fertigen und somit das Gewicht des Schirms von ca. 10Pfund auf 1,5Pfund zu verringern. In diesen ersten Schirmfabriken wurden schon jeweils 80 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt, 1870 sind es bereits jeweils 600.
Schon in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts wurden die Messingteile mittels Maschinen verarbeitet.
In England stellte die Firma Fox & Co. Sheffild erstmals Schirmmaschinen aus Stahl her und läutete damit die „Neuzeit“ der Schirmproduktion ein.
Drei Jahre später verbesserte der Betrieb die Schirmmaschinen durch die Entwicklung von sogenannten Paragonschinen, die noch leichter als die bisherigen Schirme waren. Nun blieb dem Handwerker nur noch die Montage vorgefertigten Teile.

Im 19. Jahrhundert gründeten sich in Deutschland zehn Schirmfabriken. Der industrielle Aufschwung um die Jahrhundertwende in Westeuropa hatte der Schirmindustrie ihren Boom beschert. Gleichzeitig waren die Einzelhandelsgeschäfte durch den Aufschwung, der Kaufhäuser, der Preiskonkurrenz, der Kartellbildung und des Hausierhandels in ihrer Existenz bedroht.
Zur Erhaltung ihrer mittelständischen Existenz gründeten 1914 achtzehn „Avantgardisten“ den „Verband Deutscher Schirm-Spezial-Geschäfte“. Dies bedeutete gleichzeitig die Verschiebung des Schwerpunktes vom Handwerk auf den Handel.
Der Produktions– und Handelsstop während des ersten Weltkrieges brachte die Schirmgestell-Industrie, die mit ca. 2.600 Beschäftigten ca.70 Prozent des Weltmarktbedarfs deckte, an den Rand des Bankrotts.
Bei der Firma Kortenbach und Rauh in Solingen sank die Zahl der Mitarbeiter um 47 Prozent, von 748 auf 396. Ihre führende Stellung auf dem Weltmarkt konnte die deutsche Schirmindustrie nach dem ersten Weltkrieg gegen die Konkurrenz aus Japan, England, Italien und Frankreich nie mehr behaupten. Bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges hatten sich die Schirmhersteller und die Beschäftigten um die Hälfte verringert.
Der von den Nazis „unterdrückte“ Herrenschirm erlebte nach dem zweiten Weltkrieg gemeinsam mit dem Damenschirm und dem „Knirps“ den Aufschwung der Wirschaftswunder-Zeit. Man fing jetzt klein an und erschuf den „Knirps“ inmitten von Trümmern und Ruinen.
In der „Knirps-Serie“ entstanden der „Auto-Knirps“ (1953), der „Knirps-Star“ für Teenager (1960), der „Knirps mit der „Servoöffnung“ (1965), der „flache Knirps“ (1968) und der „Mini Mini“ (1969). Andere Taschenschirme waren der „Lord & Lady“, „Fox“, „Boy“, „Quick“ und „Kobold“.
Neben der Armbanduhr für Jungen und dem ersten Schmuck für Mädchen zur Kommunion oder Konfirmation galt der Knirps als Standardgeschenk, ebenso zu Geburtstagen, Namenstagen und natürlich zu Weihnachten.
In den 60er Jahren begannen aber schon die fernöstlichen Schirmimporteure massiv die deutsche Industrie und den Fachhandel zu bedrängen. 1976 machte der Importanteil bereits 77 Prozent aus. Von ehemals 32 Fabriken existierten 1982 in der Bundesrepublik nur noch 14, nur noch ein Schirmstoffhersteller von ehemals 26 und schließlich von 7 Gestellherstellern nur noch einer.

Weitere Informationen über Schirme finden Sie im gleichnamigen Buch „Schirme, der Himmel auf Erden“, erschienen im Transit-Verlag